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TTIP: Wir fragen die Abgeordneten von CDU und SPD

Eines sollte mal klar sein: Wer gratis Kuchen verschenken möchte, muss dieses Vorhaben nicht im geheimen planen, abgeschottet, fernab von jeder ernst gemeinten öffentlichen Diskussion. Dass die Piraten also schon allein wegen der Art und Weise der sog. Verhandlungen gegen das – und andere – Freihandelsabkommen TTIP sind, wird sich in geneigten Kreisen bereits rumgesprochen haben. Daher konnten wir im Kreis am TTIP-Aktionstag am vergangenen Samstag (18.04) nicht untätig bleiben.

Wir haben uns einer bundesweiten Aktion angeschlossen und den Bundestags- und Europaabgeordneten aus unserem Wahlkreis einen Fragebogen geschickt. Das Anschreiben mit der Bitte um Beantwortung und der Fragebogen zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA fungieren zudem als offener Brief, d.h. die Antworten der Abgeordneten sollen veröffentlicht werden dürfen.

Viele fleißige Piraten und natürlich auch Mitglieder anderer Vereine beteiligen sich an dieser – jawohl – Art des Protests. Alle Rückmeldungen werden an zentraler Stelle gebündelt und sollen dann irgendwann der breiten Öffentlichkeit zur Information dienen.

Angeschrieben und direkt zugestellt haben wir die Fragen bei Prof. Dr. Maria Böhmer (MdB) von der CDU, bei Doris Barnett (MdB) von der SPD und bei Jutta Steinruck (MdEP) ebenfalls von der SPD. Flankiert wurden diese Briefe von einer elektronischen Anfrage an die Kreisverwaltung des Rhein-Pfalz-Kreises via fragdenstaat.de.

Hier nun das Anschreiben an die Abgeordneten:

Sehr geehrte(r) xxx,
aktuell wird bundesweit sehr intensiv über das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU und USA diskutiert. Viele Bürger fürchten, dass es durch das Abkommen zu massiven Einschnitten und Nachteilen für ihr tägliches Leben kommt.

Wir als Piratenpartei lehnen die Freihandelsabkommen (TTIP, CETA, TiSA etc.) mit den bisher öffentlichen Vertrags- und Verhandlungstexten bekanntlich ab, da die Abkommen weitgehend intransparent und ohne Beteiligung der Bürger und Parlamente ausgehandelt werden und viele unserer hohen Grundrechts- und Verbraucherstandards außer Kraft setzen.

Als Mitglied der Piratenpartei, aber insbesondere auch als Bürger in diesem Wahlkreis, den Sie im Deutschen Bundestag vertreten, möchte ich Sie bitten, den kleinen offenen Fragenkatalog meiner Partei zu den Freihandelsabkommen im Anhang in den nächsten Wochen zu beantworten.

 

Mit freundlichen Grüßen

xxx

 

Der Fragenkatalog:

 

Unsere Fragen an Sie zu TTIP und CETA

Wir bitte um Beantwortung bis zum 09.05.2015.

1. Regulatorische Kooperation
Die regulatorische Kooperation im Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA ermöglicht es Lobbyisten, geplante regionale Regulierungen und Gesetzesinitiativen im voraus zu prüfen und gegebenenfalls neu zu formulieren. Sollte das Abkommen zum Abschluss kommen: Wie wollen sie diese Fußfessel für die Legislative und Entmündigung demokratisch gewählter Mandatsträger rechtfertigen?

2. Transatlantischer Handel und Datenschutz
Transatlantischer Handel findet heute zu 100% über das Internet statt. Wie kann ein Freihandelsabkommen im „NSA-Zeitalter“ ohne umfassenden Datenschutz die Freiheit des Handels vor Ausspähung und den Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Verbraucher garantieren?

3. Vorsorgeprinzip
Als einen Grundsatz ihrer Politik hat die EU das Vorsorgeprinzip verankert. Dieses besagt, dass Belastungen für die Umwelt oder Schäden für die menschliche Gesundheit (bei unvollständiger Wissensbasis) im Voraus vermieden oder weitgehend verringert werden sollen. Immer wieder sind Politiker dem Druck der den Agrarmarkt beherrschenden Konzernen ausgesetzt, man möge dieses Prinzip aufgeben, da Chancen für eine konkurrenzfähige Landwirtschaft vertan würden (z.B. Zulassung GMO, Hormone in der Tiermast). Dass jedoch bei Missachtung des Vorsorgeprinzips der volkswirtschaftliche Schaden gegenüber den privatwirtschaftlichen Gewinnen ins Unermessliche steigen kann, stellte die Europäische Umweltagentur schon 2004 fest und beschreibt dies in zahlreichen Beispielen. Wie werden Sie sicherstellen, dass das Vorsorgeprinzip im Rahmen des Freihandelsabkommens aufrecht erhalten bleibt? Wenn Sie keine Einflussmöglichkeiten sehen, werden Sie dann gegen das Abkommen stimmen?

4. Einheitliche Standards
TTIP verspricht die Vereinheitlichung oder gegenseitige Anerkennung von Standards. In den USA liegt die Kompetenz für Definition und Überwachung von Standards aber in den meisten Fällen im privatrechtlichen Bereich oder bei den Bundesstaaten. Die US-Bundesregierung hat also keinen direkten Einfluss darauf. Wie wollen Sie sicher stellen, dass es im Zuge von TTIP keine einseitige Anerkennung von US-Standards in der EU ohne entsprechende Anerkennung der EU-Standards in den USA gibt?

5. Geistiges Eigentum
Ein Ziel von TTIP ist für geistiges Eigentum im Zielland den gleichen Schutz zu garantieren wie im Ursprungsland. Was halten Sie davon, dass damit Trivialpatente aus den USA in der EU durchsetzbar werden?

6. Investorenschutz und CETA
In dem jetzt vorliegenden Vertragstext des Freihandelsabkommens CETA der EU mit Kanada (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2014/september/tradoc_152806.pdf) ist ein Investorenschutz durch nicht staatliche Schiedsgerichte vorgesehen, deren Entscheidungen für die Vertragsstaaten bindend sind. Kanada und die Mitgliedsstaaten der EU sind Rechtsstaaten. Halten Sie eine zusätzliche übergeordnete private Schiedsgerichtsbarkeit im CETA-Abkommen zur Durchsetzung unternehmerischer Interessen für erforderlich? Würden Sie bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag dem CETA-Vertrag zustimmen?

 

Wenn Antworten zurückkommen und keine starken Gründe dagegen sprechen, werden sie u.a. hier veröffentlicht. Wir sind schon mal gespannt.